Wieder einmal musste sich der Sozialpolitische Ausschuss mit der Altersarmut befassen und kam zu dem Ergebnis, dass endlich ein allumfassendes Konzept zur Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig ist. Rentenfinanzierung, Kapitaldeckung oder Erhöhung des Renteneintrittsalters, solche Fragen stehen immer wieder auf der politischen Agenda um die gesetzliche Rentenversicherung und bewegen unsere Mitglieder. Hinzu kommt, dass immer mehr Banken (auch Sparkassen) unsere Mitglieder mit den sich aus Negativzinsen der EZB ergebenden Problemen konfrontieren. So werden den Kunden jetzt Vereinbarungsentwürfe zur Berechnung von Verwahrgeld in Höhe von 0,5 % der über Freibeträgen liegenden Bestände auf Sparbüchern, Girokonten etc. vorgelegt, die ab 01.06.2021 wirksam werden sollen. Aus unserer Sicht des Sozialverband Deutschland (SoVD) ist es keinesfalls zielführend immer nur über Teilaspekte zu debattieren und dieses auch noch in der derzeitigen Pandemielage. Wir brauchen endlich ein allumfassendes Konzept zur Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, in dessen Zentrum die Frage steht, wie hoch eine Rente eigentlich sein muss, um auskömmlich zu sein und den Lebensstandard zu sichern. Letztendlich haben unsere Mitglieder – soweit sie dazu in der Lage sind, gerade deshalb auch eine Rücklage fürs Alter geschaffen. Wenn wir heute wissen, dass fast drei Millionen Menschen selbst nach 45 Jahren Vollbeschäftigung eine Rente auf Grundsicherungsniveau drohen könnte, dürfen wir das nicht einfach so hinnehmen. Hier unterstützen wir die Forderung unseres SoVD-Präsidenten Adolf Bauer. Auch begrüßen und unterstützen wir es, dass derzeit im Bundestag ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen debattiert wird, der viele wichtige SoVD-Forderungen aufgreift. Eine dieser seit Jahren bestehenden SoVD-Forderungen ist die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle einbezogen werden. Eine Erwerbstätigenversicherung würde dem Wandel in der Arbeitswelt und in den Erwerbsverläufen sowie der gestiegenen beruflichen Mobilität in Europa Rechnung tragen. Zudem wäre sie ein Ausdruck gelebter Solidarität und würde das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung stärken. Darüber hinaus fordert der SoVD sachgerechte Rentenbeiträge für Bezieher*innen von Arbeitslosengeld II. Die Rente ist bekanntermaßen das Spiegelbild des Erwerbslebens. Gerade dieses Thema ist für viele ehem. DDR-Rentner*innen nach wie vor aktuell, weil systemrelevante Bedingungen aus der DDR-Zeit für viele unserer Mitglieder sich nachteilig auswirken. Hier begrüßen wir es, dass noch vor dem Ende der 19. Legislaturperiode ein sogenannter Härtefallfonds geschaffen wird, mit dem einige Nachteile aufgefangen bzw. abgemildert werden können. Um eine gute und auskömmliche Rente zu gewährleisten und Altersarmut gezielt zu bekämpfen, sind aus Sicht des SoVD zudem die Förderung von sozialversicherungspflichtigen Jobs ab dem ersten Euro, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, die Einführung eines individuellen Rechts auf Aus- und Weiterbildung sowie die Anhebung und Dynamisierung des Mindestlohns auf ein armutsfestes Niveau unumgänglich. Die von anderer Seite geforderte Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnen wir entschlossen ab. Schon heute können viele Menschen nicht gesund bis zur Regelaltersgrenze arbeiten und müssen daher mit Abschlägen in eine vorzeitige Alters- oder Erwerbsminderungsrente gehen. Vor diesem Hintergrund ist eine Erhöhung vollkommen abwegig. Das durchschnittliche Eintrittsalter bei den Altersrenten liegt statistisch gesehen derzeit bei 64,3 Jahren. Aktuell wird das Renteneintrittsalter schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Eine weitere Anhebung würde letztlich nur zu einer weiteren Rentenkürzung führen.
Dem setzen wir uns mit Entschiedenheit und Nachdruck entgegen.
Joachim Heinrich
Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses